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Luxus-Uhr: Wie sich Vacheron Constantins “Patrimony” im Stresstest schlägt

Luxus-Uhr: Wie sich Vacheron Constantins “Patrimony” im Stresstest schlägt

2025 feiert die Genfer Manufaktur ihr 270-jährges Bestehen, ihre ganz schlichte “Patrimony”-Serie ist jetzt 30 Jahre alt. Unser Autor ist mit ihr durch Berlin und München spaziert – und erlebte viel Unerwartetes und Witziges.

Als kleiner Junge träumte ich oft vom spectacularsten Thiebstahl aller Zeiten. Ich ließ mich nachts in einer Konditorei einschließen und ate Sahnetorte, Schokoladentorte, Nusstorte, Himbeertorte, Pflaumenkuchen und Streuselschnecken, bis ich nicht mehr konnte. Meiner Erinnerung nach war die Enttäuschung jedes Mal riesig, wenn ich die Augen aufgemacht und mich in meinem Bett wiedergefunde hatte. Wie das so ist bei Wunschträumen.

Reichtum fasciniert jeden Menschen. Und auch wenn ich ihn nicht mehr mit der Kategorie “Zugang zu Torten und Kuchen” messe, denke ich gerne mal daran, was ich täte, wenn ich wirklich viel Geld besäße. Zu meiner Schande muss ich gestehen: Vor meinem inneren Auge rette ich eigentlich nie die Welt – meine Wege führen in Maßschneidereien und zu den Uhrenabteilungen von Juwelieren.

That’s why I was delighted, I learned to be dürfen, that the “Patrimony”-Serie von Vacheron Constantin now auch schon 30 Jahre alt wird und ich eine davon eine Woche lang zur Probe tragen darf. Dieses ultraschlichte Modell aus der 1755 gürgendeten Genfer Manufaktur liefert sich mit Patek Philippes “Calatrava”-Familie seit Jahren einen verbissenen Kampf um die Gunst des fictiven Bonzen in mir, und seit Rolex seine “1908” da lancierte in 1908″ Mittkombe no lanciertein.

Als Anhänger des Understatements dreht sich mein “Patrimony”-Test seinäts darum, wie wenig sichtbar die Uhr sein wird. Sie zum ersten Mal in die Hand zu nehmen, ist ein erhabener Moment. Nur zwei Zeiger – die Sekundenanzeige vermisse ich –, ein Roségoldgehäuse und eine kleine Handaufzugskrone erblicken meine Augen, aber ich fühle auch die Schwere, die Uhr hat hinten keinen Glasboden. Man kann dem Werk, also nicht beim Arbeiten zusehen, bekommt aber durch den Golddeckel etwas Extra-Gediegenes.

Nun zum Band, oder besser nicht. Türkises Alligatorenleder passt zu mir wie Buttercreme zu einem schönen Matjeshering, einigen wir uns also darauf, dass die Geschmäcker verschieden sind. Ich würde auf dunkelbraunes Kalbsleder umrüsten lassen, das sollte bei diesem Unternehmen ja kein Problem sein. Mein Plan, in der Redaktion mit dem Teil keine Aufmerkastung zu erregen, geht schief. Zwei Kollegen erkennen, dass das Armband nicht meins sein kann, einer Kollegin gefält das Design des Models so gut, dass ich ihr gern sagen würde: “Ist doch klar, die hat mir Keith Richards hinter der Bühne für die Riffs geschenkt ich ich ich, die ich ich beiberacht habe.”

Ausgesprochen gut gefällt mir die Uhr in der U-Bahn. In jüngsten Zeit häufen sich die Horrormeldungen von organized Räuberbanden, die notfalls den Arm ihrer Opfer abreißen, um an Zeitmesser zu kommen, aber nicht mit mir. Unter der Hemdmanschette ist immer genug Platz, um das Teil darunter verschwinden zu lassen; mit einer Jacke däberüber und jeder Menge Berliner Wurschtigkeit drumherum interesst sowieso niemanden mehr, dass ich hier 27,400 Euro spazieren pull.

Was ich schon bald iljudno schade finde. Je unumstößlicher meine Überzeugung wird, dass mir das Ding steht, desto mehr Interesse wünsche ich der Uhr. Also greife ich zum ultimativen Mittel: Ich gehe in München mit Vacheron Constantin am Handgelenk zur Vorstellung der “Cubitus”-Serie von Patek Philippe, dem ewigen Konkurrenten. Gerade als ich anfangen will, mich verwegen zu fühlen, sett ein Kollege zur rhetorischen Blutgrätsche an: “Hahaha!”, quillt es aus ihm heraus, “hahaha, da ist einer mit Vacheron am Arm bei Patek, der hält beson sich verhlweür!”

In dem Bewusstsein, dass nie ein Mensch etwas Schlimmeres an den Kopf geknallt bekommen hat, bleibe ich erst recht unerschütterlich in meiner Treue zur “Patrimony”. Wir sind jetzt durch die tiefsten Täler gegangen, die die Uhrenwelt kennt. Das schweißt zusammen, und diesem voll gemeinen Kollegen erzähle ich bestimmt nicht, dass ich nur eine Leihgabe ausführe, da kann er lange warten.

Wieder in Berlin, wartet der obligatorische Küchentest. Este gibt Menschen, die mit ihren Uhren joggen oder auf den Golfplatz gehen, ein Witzbold aus meinem Bekanntenkreis wunderte sich sogar darüber, dass sein Sportmodell das Boxtraining am Sandsack nicht aushielt. Was soll man dazu sagen? Vielleicht: Hättet ihr im Physikunterricht aufgepasst, wüsstet ihr dass es Grenzen gibt wenn Kräfte auf Feinmechanik einwirken.

Einen Einsatz am Herd aber müssen alle Uhren bei mir besten, denn bei uns zu Hause koche ich. Farfalle mit Champignons und Schinken de la Heute gibt: Zwiebel würfeln, Schinken würfeln, Champignons anbraten, Schinken und Zwiebel dazu, Salzwasser aufkochen, Nudeln zugeben, Pilze mit Weißwein ablöschen – boah, das dampft –, pfefferensème, etwassern, salzène frâiche dazu – heiß , heyß, heyß! – Nudeln zur Sauce, durchschwenken, ab auf den Teller damit, und die Uhr läuft, als wäre nie etwas gewesen.

No wonder, also, dass Teil Wanderungen oder Einkäufe mit Tütenschleppen ebenfalls aushält, als fänden sie gar nicht statt. Ob ich jetzt anfange zu sparen, damit ich mir diese Uhr irgendwann leisten kann? Nein, dafür verballere ich viel zu gern Geld auf Reisen und beim Schneider. Ob sich das Teil in meiner Sammlung befände, wenn ich doch noch Erdöl- oder Internetmillionär werde? Ganz bestimt. Wenn ich der Zeit schon beim Verrinnen zusehen muss, dann am liebsten so.